Friedrich Dalsheim
Ethnographie – Film – Emigration
360 Seiten, Hardcover
224 Abbildungen
ISBN: 978-3-95565-505-1
Erschienen: 2022
34,90 €
Ein Fund auf dem Dachboden von Gut Wahlstorf in Schleswig-Holstein führt zum Leben und Werk von Friedrich Dalsheim, Pionier des ethnographischen Films. Der Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Kameramann wurde 1895 in Frankfurt am Main als Sohn jüdischer Eltern geboren und nahm sich infolge von Ausgrenzung und Berufsverbot durch das NS-Regime 1936 im Schweizer Exil das Leben. Dalsheims vier Filme nehmen konsequent die Perspektive der Gefilmten ein: MENSCHEN IM BUSCH (1930) drehte er mit Gulla Pfeffer in Togo. Mit Victor Baron von Plessen als Expeditionsleiter und Walter Spies realisierte er DIE INSEL DER DÄMONEN (1933) auf Bali. PALOS BRAUTFAHRT (1934) entstand mit Knud Rasmussen in Ostgrönland. DIE KOPFJÄGER VON BORNEO (1936) drehte Dalsheim erneut mit Victor Baron von Plessen und Richard Angst hinter der Kamera bei den indigenen Dayak und Punan im Urwald Borneos.
Die Publikation beleuchtet den Expeditionscharakter und die Produktionsbedingungen der Filme, die zeitgenössische Kritik sowie die zeithistorischen und gesellschaftspolitischen Kontexte. Dabei stellt sie die Frage nach der „ethnographischen Wahrheit“ im Zwischenreich von Dokumentar- und Spielfilm und erzählt die Geschichte der Sammlung Friedrich Dalsheim aus Borneo, die 1937 in das Museum für Völkerkunde in München (heute Museum Fünf Kontinente) gelangte.
Mit Beiträgen von Rainer Rother (Künstlerischer Direktor Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen, Berlin) | Ulrike Ottinger (Filmemacherin) | Michaela Appel (Kuratorin Museum Fünf Kontinente, München) | Sophie von Plessen (Historikerin) | Louise von Plessen (Autorin und Kuratorin)
"Das Tragische ist, [...] dass gerade der Mann, der sich für die Perspektive und Gleichwertigkeit des "Anderen" eingesetzt hatte, nun selbst in seiner Heimat zum "Anderen" wurde – und Verfolgung ausgesetzt war. Friedrich Dalsheim war 1895 in Frankfurt am Main geboren, promovierte als Jurist, bis er sich für den Film begeisterte. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde er zum Ausgegrenzten und Verfolgten, bis die Nazis ihn schließlich in den Tod trieben." NDR, 27. Februar 2022
„Er war ein Pionier des ethnographischen Films und ist inzwischen weitgehend in Vergessenheit geraten. […] Bei Hentrich & Hentrich ist jetzt die sehr lesenswerte Publikation erschienen.“ Hans Helmut Prinzler, 6. April 2022
»Louise von Plessen, die Ur-Großnichte des Barons von Plessen, […] hat nun ein Buch über Dalsheim herausgegeben. Sie erinnert damit an einen bedeutenden Regisseur, dessen Blick auf die indigenen Völker immer frei war von Sensationsgier. Das verband ihn auch mit Baron von Plessen. Beide hatten sich in Berlin kennengelernt und eine gemeinsame Arbeit vereinbart. Die „Perspektive des Anderen“ einzunehmen und sie gleichberechtigt zu behandeln, das sei den beiden Männern wichtig gewesen.« Lübecker Nachrichten, 12. Juni 2022
Besprochen in Am Erker 83, Oktober 2022